Stuart Cameron: „Es geht um Wertschätzung“

Juni 2020
By Axiom Law

Am 23. Bis zum 29. Juni findet mit Sticks & Stones Digital die erste LGBT+ Job- & Karrieremesse der Welt statt. Axiom ist als Aussteller vertreten und empfängt Bewerber und Interessierte am virtuellen Messestand. Stuart Cameron hat die Karrieremesse 2010 gegründet. Im Interview mit dem Axiom-Blog erzählt Cameron, warum er mit über 100 Ausstellern trotzdem noch nicht ganz zufrieden ist.

Axiom-Blog: Sie haben die Sticks & Stones 2010 gegründet. Warum?

Stuart Cameron: Ich habe mir einen Ort gewünscht, an dem ich erkennen kann, ob ein Unternehmen LGTB+ friendly ist oder nicht. Vor zehn Jahren war das noch sehr schwierig herauszufinden. Diversity war kein Begriff mit dem Unternehmen was anfangen konnten. Und LGTB+ friendly bedeutet für mich nicht, dass es den Unternehmen egal ist, ob ein Angestellter homosexuell ist oder nicht. Es bedeutet, dass sie willkommen sind, wertgeschätzt werden, ohne aber eine Sonderbehandlung zu erfahren. Wenn ein Unternehmen erklärt, dass es kein Problem mit Frauen hat, dann ist das nicht gleichbedeutend mit Wertschätzung von Frauen.

Axiom-Blog: Was können Unternehmen machen, um ein wertschätzendes Unternehmen zu sein?

Stuart Cameron: Es gibt jetzt nicht die Checkliste, mit Maßnahmen, die abzuarbeiten sind. Richtig ist aber, dass jedes Unternehmen viel machen kann. Es sollte zum Beispiel in jedem größeren Unternehmen die Möglichkeit geben, ein LGTB+Netzwerk zu gründen. Und zwar nicht in der Form, dass die Mitarbeitenden das selbst machen und das Unternehmen das dann toleriert. Wenn es ein Netzwerk gibt, sollte es auch mit Geld und zeitlichen Ressourcen unterstützt werden.

Axiom-Blog: Damit es ein Netzwerk geben kann, muss natürlich die Mitarbeitendenzahl entsprechend groß sein.

Stuart Cameron: Das ist richtig. Was aber wirklich jedes Unternehmen, egal welcher Größenordnung machen kann, ist eine Ansprechperson zu benennen, für den Fall, dass es zu Diskriminierungen kommen. Es geht auch darum ein offenes Klima zu schaffen, in dem die Belegschaft dann eben nicht mehr geschockt ist, wenn Herr Schmidt in Zukunft Frau Schmidt heißt. Und in dem es völlig normal ist, wenn man seinen gleichgeschlechtlichen Partner zur Firmenfeier mitbringt.

Axiom-Blog: Was bieten Sie Unternehmen an, damit diese LGTB+ friendly werden?

Stuart Cameron: Wir bieten ein LGTB+ Diversity-Audit an. Da können Unternehmen anhand von 60 Fragen feststellen, wo sie stehen. Denn viele Unternehmen meines es ja gar nicht böse. Sie wissen nur einfach nicht, wie sie zu einem wirklich offenen Unternehmen werden können.

Axiom-Blog: Was hat sich seit der Gründung der Sticks & Stones verändert?

Stuart Cameron: Also erst einmal natürlich die Anzahl der Unternehmen, die mitmachen. 2010 haben sechs Unternehmen mitgemacht, dieses Jahr sind es über 100 Unternehmen. Und die sind stolz darauf dabei zu sein. Aufgrund der Corona-Lage sind wir dieses Jahr die erste virtuelle LGTB+ Karrieremesse der Welt! Neben der Anzahl der Teilnehmer hat sich aber insgesamt die Sensibilität und die Aufmerksamkeit für das Thema geändert.

Axiom-Blog: Sind Sie mit der Situation zufrieden?

Stuart Cameron: Ganz zufrieden bin ich natürlich nicht. Es gibt immer noch Unternehmen, die mir uns nichts anfangen können und die einfach nicht verstehen, dass es sich finanziell rentiert, ein offenes, tolerantes und wertschätzendes Unternehmen zu sein. Jeder möchte in einem solchen Unternehmen arbeiten – auch der heterosexuelle, weiße Mann. Ein LGTB+freundliches Unternehmen bekommt und hält bessere MitarbeiterInnen, entwickelt die besseren Produkte und erreicht mehr Stakeholder. Problematisch ist, dass ein Drittel der LGTB+ArbeitnehmerInnen sich immer noch am Arbeitsplatz versteckt. Damit kann ich nicht zufrieden sein.

Axiom-Blog: Sind manche Branchen konservativer als andere?

Stuart Cameron: Tatsächlich kommt es weniger auf die einzelne Branche und mehr aufs Unternehmen an. Je konservativer die Branche, umso weniger LGTB+friendly stimmt so nicht.

Axiom-Blog: Wie finden Bewerber heraus, ob ein Unternehmen LGTB+friendly ist?

Stuart Cameron: Unternehmen, die sich auf der Sticks & Stones präsentieren, sind in jedem Fall LGTB+friendly. InteressentInnen können sich einfach online anmelden und dann vom 23. bis zum 29. Juni an den virtuellen Messeständen vorbeikommen. Daneben empfiehlt es sich immer, die Webseiten und Social-Media-Auftritte der Unternehmen anzuschauen. Wenn da ein Management aus lauter weißen Männern in denselben Anzügen präsentiert wird, sieht es mit der Diversität wahrscheinlich eher mau aus. Bei einem solchen Unternehmen hilft es dann auch nicht, wenn es irgendein Produkt auf dem Christopher-Street-Day vermarktet. Das ist dann Pink-Washing aber keine gelebte Vielfalt.

Axiom-Blog: Vielen Dank für das Gespräch.

 

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